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    Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren vor dem Ende?

    Praxis des Insolvenzrechts: Verwertung von Grundbesitz im Insolvenzverfahren vor dem Ende?

    Mit Urteil vom 16.05.2013 hat der vierte Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) entschieden, dass die Einkommensteuerschuld, die aus der Verwertung der zur Insolvenzmasse gehörenden Wirtschaftsgüter resultiert, Masseverbindlichkeit i.S. des § 55 I Nr. 1 InsO ist (Az. IV R 23/13; ZIP 2013, 1481). Dies soll – und darin liegt die eigentliche Sprengkraft der Entscheidung – selbst dann gelten, wenn das verwertete Wirtschaftsgut mit Absonderungsrechten belastet war und der tatsächlich zur Masse gelangte Erlös nicht ausreicht, um die aus der Verwertungshandlung resultierende Einkommensteuerforderung zu befriedigen. Mit seiner Entscheidung gibt der BFH die bisherige Rechtsprechung (Urt. v. 29.03.1984, Az. IV R 271/83, BFHE 141, 2) auf und stellt die Praxis vor erhebliche Probleme, indem er einmal mehr einen insolvenzrechtlichen Sachverhalt ausschließlich nach steuerrechtlichen Grundsätzen beurteilt. Er setzt sich damit in Widerspruch zur überwiegenden Auffassung im insolvenzrechtlichen Schrifttum, wonach die Einkommensteuer nur insoweit als Masseverbindlichkeit zu qualifizieren ist, als stille Reserven nach Insolvenzeröffnung entstanden sind. Auch der fünfte BFH-Senat hatte zuletzt die Ansicht vertreten, dass – entsprechend der BGH-Rechtsprechung – die Verwirklichung des zivilrechtlichen Tatbestandes maßgebend sei.

    Durch die nun vorliegende Entscheidung des vierten Senats wird die Besteuerung der stillen Reserven nicht interessengerecht gelöst. Es ist zu beachten, dass die stillen Reserven eines Wirtschaftsgutes bereits vor Insolvenzeröffnung steuerverstrickt sind. Der Steueranspruch selbst ist lediglich bis zur Verwirklichung (Verwertungshandlung) als aufschiebend bedingt anzusehen. Nach seiner bisherigen Rechtsprechung wurde die Masseverpflichtung auf den zur Konkursmasse gelangten Betrag reduziert. Die restliche Steuerforderung wäre jedoch als Forderung gegen das insolvenzfreie Vermögen des Schuldners zu qualifizieren. Eine solche Forderung nimmt indes am Restschuldbefreiungsverfahren nicht teil, weil sie nicht gegenüber einem Insolvenzgläubiger besteht. Von dieser Forderung kann der Schuldner auch nicht durch ein zweites Insolvenz- bzw. Restschuldbefreiungsverfahren befreit werden:
    Die Eröffnung eines solchen zweiten Insolvenzverfahrens wäre unzulässig, da ohne Freigabe von Vermögen wegen §§ 35 I, 36 InsO kein verwertbares Vermögen vorhanden ist. Diesem Einwand begegnet der BFH nunmehr dadurch, dass er die gesamte Steuerforderung als Masseverbindlichkeit einordnet, so dass insoweit ein Konflikt mit der beantragten Restschuldbefreiung nicht auftreten könne.

    Praktische Folge der neuen Rechtsprechung dürfte es sein, dass Insolvenzverwalter künftig in vielen Fällen gezwungen sein werden, den belasteten Gegenstand – also insbesondere Immobilien – zur Vermeidung von Masseverbindlichkeiten freizugeben. Ein unbefriedigendes Ergebnis, das zu einer weiteren Verringerung der Insolvenzquoten führen wird. So bleibt nur zu hoffen, dass der BFH in einem beim neunten Senat anhängigen Revisionsverfahren (Az. IX R 17/12) in einem vergleichbaren Fall anders entscheiden wird. Inzwischen müssen Insolvenzverwalter, insbesondere bei Verwertungsvereinbarungen mit dem Grundpfandgläubiger die durch das Urteil geänderte Rechtsprechung beachten.

    Mirko Lehnert
    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Insolvenzrecht

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