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    Umsatzsteuer in der vorläufigen Eigenverwaltung ist keine Masseverbindlichkeit

    Rechtsprechung | FG Münster, Urteil vom 12. März 2019 – 15 K 1535/18 U

    Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom März 2019 entschieden, dass Umsatzsteuerverbindlichkeiten, die der Schuldner in der vorläufigen Eigenverwaltung eingeht, nicht als Masseverbindlichkeiten gegenüber dem späteren Insolvenzverwalter festgesetzt werden dürfen.

    Sachverhalt

    Der Kläger war zum vorläufigen Insolvenzverwalter einer GmbH bestellt worden, nachdem diese die Eröffnung des Insolvenzverfahrens in Eigenverwaltung beantragt hatte. Mit Insolvenzeröffnung wurde er zum Insolvenzverwalter bestellt und focht im vorläufigen Insolvenzverfahren von der GmbH geleistete Umsatzsteuerzahlungen an, was zu deren Erstattung führte. Diese Beträge setzte das Finanzamt nunmehr gegenüber dem Kläger als Masseverbindlichkeit fest, meldete sie aber zugleich als Insolvenzforderung an. Der Kläger wandte sich gegen die Festsetzung mit der Begründung, dass es sich nicht um Masseverbindlichkeiten handele.

    Das Gericht gab der Klage vollumfänglich statt. Die Umsatzsteuerzahlungen stellen demnach einfache Insolvenzforderungen nach § 38 InsO und keine Masseverbindlichkeiten im Sinne des § 53 InsO dar.

    Keine Vergleichbarkeit von vorläufiger Eigenverwaltung und vorläufiger Insolvenzverwaltung

    Das Gericht lehnte zunächst die Ansicht ab, dass ein Schuldner im Rahmen eines vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens stets Masseverbindlichkeiten begründe. Denn dies würde zu einer vollständigen Aufzehrung der Insolvenzmasse führen, was der vollständigen Befriedigung der Massegläubiger und der weiteren Betriebsfortführung sowie Sanierung als den obersten Zielen des Insolvenzverfahrens (§ 1 Satz 1 InsO) zuwiderlaufen würde.

    Das Gericht lehnte auch eine Analogie zu § 55 Abs. 2 bzw. 4 InsO ab. Nach diesen Vorschriften gelten Verbindlichkeiten, die von einem vorläufigen starken Insolvenzverwalter bzw. Steuerverbindlichkeiten, die von einem vorläufigen schwachen Verwalter begründet worden sind, nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens als Masseverbindlichkeiten. Laut dem erkennenden Gericht fehlt es insbesondere an der vergleichbaren Sachlage. Denn im Rahmen des vorläufigen Eigenverwaltungsverfahrens hat der Schuldner die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das eigene Vermögen aus eigenem Recht inne und hat keinerlei insolvenzspezifische Befugnisse. Diese Position sei mit der Rechtsstellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, ob stark oder schwach, nicht vergleichbar.

    Auch aus dem verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) folge kein Gebot, Insolvenzschuldner, die das Verfahren der vorläufigen Eigenverwaltung durchlaufen haben, und Insolvenzschuldner, die das vorläufige Regelinsolvenzverfahren durchlaufen haben, gleichzustellen. Denn eine etwaige Ungleichbehandlung dieser Gruppen durch Nichtanwendung des § 55 Abs. 4 InsO beruhe jedenfalls auf einem sachlichen Grund: Der Gesetzgeber habe durch Einräumung der Möglichkeit einer vorläufigen Eigenverwaltung das Ziel verfolgt, Schuldnern den Zugang zum Verfahren der Eigenverwaltung nach § 270 InsO zu erleichtern. Dadurch, dass von der Beschneidung ihrer Verfügungsbefugnisse durch Bestellung eines mitbestimmenden vorläufigen Insolvenzverwalters abgesehen wurde, sollte das Vertrauen der Geschäftspartner erhalten bleiben. Dieser Zweck rechtfertige eine etwaige Ungleichbehandlung gegenüber dem vorläufigen Insolvenzverwalter.

    Keine Verletzung des europarechtlichen Neutralitätsgebots

    Die Ablehnung der Analogie sei auch nicht unionsrechtswidrig. Eine europarechtswidrige Beihilfe gegenüber solventen Unternehmern könnte man darin sehen, dass die gezahlte Umsatzsteuer durch die Anfechtung zur Auffüllung der Masse verwendet werden. Aus Sicht des Finanzgerichts Münsters ändert die Qualifikation einer Umsatzsteuerforderung als Insolvenzforderung allerdings grundsätzlich nichts an deren Charakter als durchlaufender Posten, da sie keinen „Behaltensgrund“ für den Insolvenzschuldner darstellt. Dieser schulde grundsätzlich weiter den vollen Umsatzsteuer-Betrag und muss diesen entsprechend der Insolvenzquote an den Steuergläubiger leisten.

    Der Senat hat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.

    Lea Massow
    Rechtsanwältin

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