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    Regierungsentwurf zur Reform der Insolvenzanfechtung

    Praxis des Insolvenzrechts: Regierungsentwurf zur Reform der Insolvenzanfechtung

    Am 29.09.2015 wurde der Regierungsentwurf eines „Gesetzes zur Verbesserung der Rechtssicherheit bei Anfechtungen nach der Insolvenzordnung und nach dem Anfechtungsgesetz“ (InsO-RegE) vorgestellt. Danach hat die Bundesregierung einige wichtige Änderungen und Erweiterungen im Vergleich zum Referentenentwurf vom 16.03.2015 (InsO-RefE) vorgenommen. Im Einzelnen:

    1. Inkongruente Deckung (§ 131 InsO)
    Die größten Auswirkungen für die Praxis werden sich durch die Änderung des § 131 Abs. 1 InsO ergeben: Zahlungen sind danach nicht mehr nach § 131 Abs. 1 InsO inkongruent und damit anfechtbar, wenn sie durch Zwangsvollstreckung erwirkt oder zu deren Abwendung getätigt wurden. Der Referentenentwurf sah dagegen nur die Privilegierung von Zwangsvollstreckungsmaßnahmen, die auf gerichtlich erlangten Titeln beruhten, vor. Jetzt wurde dies auf alle Zwangsvollstreckungen (auch auf der Grundlage von selbst geschaffenen Titeln) und Zahlungen zur Abwendung der Zwangsvollstreckung ausgedehnt. Hier geht der neue Entwurf also deutlich weiter, als der bisherige Referentenentwurf. Insbesondere institutionelle Gläubiger, wie Sozialversicherungsträger und Finanzverwaltung, verschaffen sich hierdurch große Vorteile.

    2. Vorsatzanfechtung (§ 133 InsO)
    Der Regierungsentwurf verzichtet auf das unglückliche Merkmal der „unangemessenen Benachteiligung“, das der bisherige Referentenentwurf in § 133 Abs. 1 S. 1 InsO-RefE einfügen wollte. Damit bleibt die bisherige Struktur der Vorsatzanfechtung im Wesentlichen unverändert. Allerdings wird der Anfechtungszeitraum für (kongruente und inkongruente) Deckungshandlungen in einem neuen Absatz 2 auf vier Jahre verkürzt. Bei kongruenten Deckungen wird die Kenntnis des Benachteiligungsvorsatzes durch den Gläubiger nur noch vermutet, wenn der Gläubiger die eingetretene – und nicht wie bisher: die drohende – Zahlungsunfähigkeit kannte (§ 133 Abs. 3 S. 1 InsO-RegE). Hatte der Anfechtungsgegner mit dem Schuldner eine Zahlungsvereinbarung getroffen oder diesem Zahlungserleichterungen gewährt, so wird vermutet, dass er die Zahlungsunfähigkeit des Schuldner nicht kannte (§ 133 Abs. 3 S. 2 InsO-RegE). Der Referentenentwurf sah noch vor, dass die Vermutung der Kenntnis nicht aus Zahlungserleichterungen hergeleitet werden konnte. An der Privilegierung von bargeschäftsähnlichen Sachverhalten und ernsthaften Sanierungsversuchen, wie in § 133 Abs. 1 S. 2 InsO-RefE vorgesehen, wurde im Regierungsentwurf nicht festgehalten.

    3. Bargeschäft (§ 142 InsO)
    Nach § 142 Abs. 1 des Regierungsentwurfs soll ein Bargeschäft nunmehr nur anfechtbar sein, wenn die Voraussetzungen des § 133 Abs. 1 bis 3 InsO-RegE vorliegen und der Anfechtungsgegner „erkannt hat, dass der Schuldner unlauter handelte“. Auch wenn in § 133 InsO-RegE der schwer zu bestimmende Begriff „unangemessen“ nicht mehr verwandt wird, findet sich nun in § 142 Abs. 1 InsO-RegE das Merkmal der „Unlauterkeit“. Die Regelung in Abs. 2 entspricht dem bisherigen Referentenentwurf (Beseitigung von Rechtsunsicherheiten in Bezug auf die Anfechtbarkeit von Lohnzahlungen).

    4. Verzinsung (§ 143 InsO)
    Anfechtungsansprüche sollen künftig nur noch nach Maßgabe der allgemeinen Verzugsregeln oder ab Klageerhebung verzinst werden. Dadurch sollen bestehende Fehlanreize zu einer schleppenden Durchsetzung von Anfechtungsansprüchen beseitigt und der Rechtsverkehr besser vor einer übermäßigen Zinsbelastung geschützt werden. Zudem stellt der Regierungsentwurf klar, dass kein Anspruch auf Herausgabe von Nutzungen bestehen soll.

    5. Stärkung von Fremdantragsrechten (§ 14 InsO)
    Ein Gläubigerantrag wird nicht mehr dadurch unzulässig, dass der Schuldner die Forderung begleicht, und zwar nunmehr unabhängig davon, ob es bereits einen früheren Insolvenzantrag gab. Mit dieser Änderung des § 14 Abs. 1 S. 2 InsO und Streichung des § 14 Abs. 1 S. 3 InsO soll es insbesondere Sozialversicherungsträgern ermöglicht werden, frühzeitig auf ein Insolvenzverfahren hinzuwirken und die Fortsetzung der wirtschaftlichen Aktivitäten insolvenzreifer Unternehmen rechtzeitig zu unterbinden.

    Fazit: Durch die geplanten Gesetzesänderungen soll insbesondere die Praxis der Vorsatzanfechtung für den Geschäftsverkehr kalkulierbarer und planbarer werden. Allerdings wird voraussichtlich die Zahl der Rechtshandlungen, die von der Gläubigergesamtheit zu dulden sind, deutlich ausgedehnt. Auch wenn der Regierungsentwurf einige Missstände des Referentenentwurfs beseitigt, bleibt es immer noch bei der problematischen Privilegierung von Zwangsvollstreckungszahlungen im Dreimonatszeitraum.

    Winfried Bongartz
    Rechtsanwalt

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