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    Ratenzahlungen: Gläubiger sind jetzt zum schnellen Handeln gezwungen

    Rechtsprechung | BGH, Urteil vom 18. Januar 2018 – IX ZR 144/16

    In dem am 18.01.2018 verkündeten Urteil präzisiert der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) die Anfechtungsvoraussetzungen für den Fall einer vereinbarten Ratenzahlung.

    Leitsatz

    Schweigt der Schuldner einer erheblichen, seit mehr als neun Monaten fälligen Forderung nach anwaltlicher Mahnung und Androhung gerichtlicher Maßnahmen bis zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids und bietet erst nach dessen Rechtskraft die Begleichung der Forderung in nicht näher bestimmten Teilbeträgen aus seinem laufenden Geschäftsbetrieb an, hat der Gläubiger die Zahlungseinstellung des Schuldners erkannt.

    Sachverhalt

    Der Kläger ist Verwalter in dem über das Vermögen der L AG (im Folgenden Schuldnerin) am 16.07.2010 eröffneten Insolvenzverfahren. Die Beklagte vermittelt Gewerbeimmobilien.

    In dem entschiedenen Fall unterhielt die Schuldnerin im Jahr 2008 vier Restaurants. Sie wollte ihren Betrieb mit einem fünften Restaurant erweitern. Hierfür vermittelte ihr die Beklagte eine Immobilie. Die für die erbrachte Dienstleistung des Maklers anfallende Maklercourtage in Höhe von € 117.810,00 war zum 1.12.2008 fällig. Von der Schuldnerin wurde hierauf bis zum 17.09.2009 ein Teilbetrag in Höhe von € 39.270,00 bezahlt. Weitere Zahlungen blieben zunächst aus. Nach fruchtlosem Aufforderungsschreiben und anwaltlichen Androhungen gerichtlicher Maßnahmen erging am 3.11.2009 ein Vollstreckungsbescheid über € 89.889,92. Hierauf kündigte die Schuldnerin der Beklagten gegenüber an, Teilzahlungen auf die noch bestehende Forderung erbringen zu wollen. Die Teilzahlungen sollten aus dem laufenden Geschäftsbetrieb des fünften Restaurants erfolgen, dessen Geschäftsaufnahme sich verzögert habe. Im Nachgang kam es am 23.12.2009 und 26.01.2010 zu Zahlungen in Höhe von € 20.000,00, mit Datum vom 23.03.2010 in Höhe von weiteren € 10.000,00 und im Zeitraum vom 20.04. bis 20.05.2010 an 20 Tagen zu Zahlungen in Höhe von jeweils € 500,00.

    Nach dem BGH könnte völliges Schweigen eines Schuldners ein Indiz für eine Zahlungseinstellung sein.

    Die unter dem Gesichtspunkt der Vorsatz- und Deckungsanfechtung (§ 133 Abs. 1 InsO) erhobene Klage auf Rückgewähr der geleisteten Teilzahlungen ist im ersten und zweiten Rechtszug erfolglos geblieben. Die Revision des Klägers führte zur Aufhebung und Zurückverweisung.

    Entscheidung

    Der Bundesgerichtshof hat in seiner Entscheidung nochmals ausgeführt, dass das monatelange völlige Schweigen der Schuldnerin auf die Rechnung des Beklagten schon für sich genommen ein Indiz für eine Zahlungseinstellung sein könne. Der Umstand, dass es die Beklagte nach monatelangem Schweigen bis zum Erlass eines Vollstreckungsbescheids kommen ließ, deute darauf hin, dass die Schuldnerin „am Rande des finanzwirtschaftlichen Abgrunds operierte“. Da auch die Beauftragung eines Rechtsanwalts, die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens sowie ein anschließender Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheids die Schuldnerin nicht zur Zahlung bewegen konnte, war diese nicht in der Lage, die bestehende Verbindlichkeit zu tilgen. Bereits in früheren Entscheidungen hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass aufgrund zeitlicher Gegebenheiten bereits die bloße Nichtbegleichung einer unstreitigen Forderung den Schluss auf eine Zahlungseinstellung gestatte. Im entschiedenen Fall kam es zwischen dem Fälligkeitszeitpunkt der ursprünglichen Forderung und der ersten Zahlung der Schuldnerin zu einer Zahlungsverzögerung von mehr als einem Jahr. Daraus musste die Beklagte schließen, dass die Schuldnerin nicht in der Lage war, ihre Verbindlichkeiten zurückzuführen.

    Unvermögen erhebliche Verbindlichkeiten zu bedienen als weiteres Indiz der Zahlungseinstellung

    Der Bundesgerichtshof hat in dem für die Beklagte aus dem erfolgten Zeitablauf erkennbaren Unvermögen der Schuldnerin, die erheblichen Verbindlichkeiten der Beklagten zu bedienen, ein weiteres Indiz der Zahlungseinstellung gesehen. Aus Rechtsgründen genüge es, wenn die Zahlungseinstellung aufgrund der Nichtbezahlung nur einer nicht unwesentlichen Forderung dem Anfechtungsgegner bekannt wird. Im hier entschiedenen Fall konnte die Schuldnerin die nach der ersten Teilzahlung immer noch hohe Restforderung von € 78.540,00 über einen längeren Zeitraum nicht bedienen. Da die Schuldnerin gewerblich tätig war, musste die Beklagte auch mit weiteren Gläubigern rechnen. Insoweit sei sie auch über die erfolgte Zahlungseinstellung unterrichtet gewesen.

    Teilzahlung als Indiz einer Zahlungseinstellung

    Schließlich sei die Ankündigung von Teilzahlungen durch die Schuldnerin ebenfalls als Indiz einer bereits erfolgten Zahlungseinstellung zu werten. Zwar könne die Bitte auf Abschluss einer Ratenzahlungsvereinbarung, im Rahmen der Gepflogenheiten des Geschäftsverkehrs, nicht grundsätzlich als Indiz für eine Zahlungseinstellung oder Zahlungsunfähigkeit gewertet werden. Jedoch sei die Bitte um Ratenzahlung immer dann ein Indiz für eine bereits erfolgte Zahlungseinstellung, wenn sie vom Schuldner mit der Erklärung verbunden wird, seine fälligen Verbindlichkeiten nicht anders begleichen zu können. So war es auch im hier entschiedenen Fall. Kein redlicher Schuldner lässt sich, ohne die geltend gemachte Forderung sachlich abwehren zu wollen, gerichtlich in Anspruch nehmen, nur um die Sache hinauszuzögern und anschließend mit dem Gläubiger eine Ratenzahlungsvereinbarung zu treffen.

    Bei dieser Sachlage haben sich mehrere Beweisanzeichen verwirklicht, die aus Sicht der Beklagten nur auf eine Zahlungseinstellung der Schuldnerin und damit auf einen Benachteiligungsvorsatz hindeuteten. Die Beklagte konnte sich der Tatsache nicht verschließen, dass die Schuldnerin zahlungsunfähig war und eine bevorzugte Befriedigung der Beklagten zum Nachteil anderer Gläubiger zumindest billigend in Kauf nahm.

    Oliver Willmann
    Rechtsanwalt
    Fachanwalt für Insolvenzrecht

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