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    Haftung des Geschäftsführers einer Limited

    Rechtsprechung: EuGH, Urteil 10.12.2015 – C-594/14

    Haftung des Geschäftsführers einer EU-Auslandsgesellschaft nach § 64 Abs. 2 GmbHG (hier: Direktor einer Ltd.)

    Im zu entscheidenden Fall ging es um die Anwendbarkeit des § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. (jetzt § 64 S. 1 GmbHG) auf die Geschäftsführerin einer Private Limited Company (Ltd).

    I. Sachverhalt

    Die in Insolvenz geratene Schuldnerin ist eine nach englischem/walisischem Recht gegründete private company limited by shares (im Folgenden „Limited“). Sie ist im Handelsregister in Cardiff eingetragen und hat eine deutsche Zweigniederlassung (eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts Jena). Der Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen liegt in Deutschland. Am 27. November 2007 wurde vom AG Erfurt das Insolvenzverfahren eröffnet. Der Insolvenzverwalter erhob vor dem KG gegen die Direktorin der Limited Klage, da diese nach Eintritt der Insolvenzreife Zahlungen getätigt hatte. Das Landgericht hatte der Klage stattgegeben. Daraufhin hat das Oberlandesgericht die Berufung der Direktorin zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Der BGH hielt die Klage nach § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. für begründet, hielt aber die Vereinbarkeit dieser nationalen Vorschrift mit dem Unionsrecht für klärungsbedürftig. Unter diesen Umständen hat der BGH beschlossen, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof folgende Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen:

    1. Betrifft eine Klage vor einem deutschen Gericht, mit der ein Direktor einer „private company limited by shares” englischen oder walisischen Rechts, über deren Vermögen in Deutschland nach Art. 3 Abs. 1 der Verordnung Nr. 1346/2000 (nachfolgend „EuInsVO“) das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist, vom Insolvenzverwalter auf Ersatz von Zahlungen in Anspruch genommen wird, die er vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens, aber nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit geleistet hat, das deutsche Insolvenzrecht im Sinne des Art. 4 Abs. 1 der EuInsVO?

    2. Verstößt eine Klage der vorstehenden Art gegen die Niederlassungsfreiheit nach den Art. 49 AEUV und 54 AEUV?

    II. Die Entscheidung

    Zu Frage 1: Der EuGH hat unter Bezugnahme auf ein Urteil vom 04.12.2014, C-295/13 – H – die Vorschrift des § 64 Abs. 2 S. 1 GmbHG a.F. als insolvenzrechtliche Norm im Sinne des Art. 4 Abs. 1 EuInsVO qualifiziert. In der zitierten Entscheidung hatte der EuGH bereits eine auf § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. gestützte Klage als eine unmittelbar aus dem Insolvenzverfahren hervorgehende und im unmittelbaren Zusammenhang mit dem Insolvenz-verfahren stehende Klage eingestuft und mithin die internationale Zuständigkeit eines deutschen Gerichts bejaht. Im Einklang dazu sei die materielle Norm § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. auch als insolvenzrechtliche Norm im Sinne des Europarechts einzustufen. Die Entscheidung wird insbesondere darauf gestützt, dass § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. primär auf die Zahlungsunfähigkeit der betroffenen Gesellschaft und somit auf ein Tatbestandsmerkmal aus dem Insolvenzrecht abstelle. Zudem führe auch die Auslegung der EuInsVO zum selben Ergebnis: Um dem Schutzzweck der EuInsVO „Vermeidung der Gläubigerbenachteiligung“ bestmöglich Rechnung zu tragen, fallen nach Auffassung des EuGH unter das gemäß der EuInsVO anwendbare nationale Insolvenzrecht nicht nur Vorschriften bzgl. der Eröffnungsvoraussetzungen eines Insolvenzverfahrens, sondern auch Vorschriften bzgl. Antragstellung und Folgen eines Verstoßes gegen diesbezügliche insolvenzrechtliche Vorschriften.

    Zu Frage 2: Der EuGH erkannte weiter, dass eine nationale Bestimmung wie § 64 Abs. 2 GmbHG a.F. nicht gegen die Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV verstößt, da die Anwendung einer nationalen Bestimmung wie § 64 Abs. 2 Satz 1 GmbHG weder die Gründung einer Gesellschaft in einem bestimmten Mitgliedstaat noch ihre spätere Niederlassung in einem anderen Mitgliedstaat betreffe.

    III. Fazit

    Das Insolvenzstatut ist im Sinne des Schutzzweckes der Insolvenz-VO „Vermeidung der Gläubigerbenachteiligung“ möglichst weit auszulegen. Daher müssen sich geschäftsführende Organe von Gesellschaften anderer Mitgliedstaaten, wie vorliegend die Limited nach englischem/walisischem Recht, bewusst sein, dass sie im Falle von gläubigerbenachteiligenden Zahlungen nach Eintritt der Zahlungsfähigkeit nach § 64 Satz 1 GmbHG haften, wenn die Gesellschaft den Mittelpunkt ihrer hauptsächlichen Interessen in Deutschland hat.

    Incoronata Cruciano
    Rechtsanwältin
    Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht

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