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    Das Sanierungs- Und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) Sowie Das Unternehmensstabilisierungs- Und Restrukturierungsgesetz (StaRUG) Im Überblick

    Das Sanierungs- und Insolvenzrechtsfortentwicklungsgesetz (SanInsFoG) sowie das Unternehmensstabilisierungs- und restrukturierungsgesetz (StaRUG) im Überblick

    Im Zentrum des SanInsFoG steht die Schaffung eines vorinsolvenzlichen, „präventiven“ Restrukturierungsrahmens durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG), welches die Vorgaben der Richtlinie (EU) 2019/1023 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Juni 2019 umsetzen soll. Darüber hinaus sieht das SanInsFoG Änderungen der InsO vor, die zum einen der Harmonisierung des StaRUG mit dem Sanierungsinstrumentarium der Insolvenzordnung dienen sollen, zum anderen Erkenntnisse aus der Evaluation des 2011 in Kraft getretenen Gesetzes zur weiteren Erleichterung der Sanierung von Unternehmen (ESUG) aufgreifen. Weitere Regelungen des SanInsFoG erfolgen vor dem Hintergrund der aktuellen COVID-19-Pandemie.

    Der 265 Seiten starke Regierungsentwurf des SanInsFoG wurde am 14. Oktober 2020 vorgelegt und folgte dem Referentenentwurf des Bundesjustizministeriums vom 18. September 2020. Als nächstes stehen die Entscheidungen im Bundestag und Bundesrat an – die Anhörung im Bundestag fand am 25. November 2020 statt. Da die Regelungen zum 1. Januar 2021 bundesweit in Kraft treten sollen, ist Eile geboten.

    I. Einleitung

    Im Zentrum des SanInsFoG-Regierungsentwurfs steht die Schaffung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsrahmens durch das Unternehmensstabilisierungs- und -restrukturierungsgesetz (StaRUG). Ziel ist eine (weitere) Sanierungsmöglichkeit für Unternehmen ohne Insolvenz. Das SanInsFoG und das darin enthaltene StaRuG wurde insgesamt überwiegend begrüßt, zum Teil sogar als „Großer Wurf“ bezeichnet. Über 20 Stellungnahmen verschiedener Verbände sind bekannt geworden. Die Stellungnahmen beziehen sich allerdings zumeist noch auf den Referententwurf. Der Regierungsentwurf weicht jedoch an vielen Stellen vom Referentenentwurf ab – nicht nur durch Streichung des generischen Femininums. Eine der vielleicht wichtigsten Änderungen findet sich in § 2 Abs. 1 S. 2 StaRUG (Art. 1 SanInsFoG). Dort wird eine Art „Business Judgement Rule“ zur Haftungsbefreiung für Geschäftsleiter bei drohender Zahlungsunfähigkeit eingeführt. Das SanInsFoG soll am 1. Januar 2021 in Kraft treten. Mit einem schnellen Fortgang des Gesetzgebungsverfahrens dürfte daher zu rechnen sein.

    II. Das StaRUG und die Instrumentarien rund um den Restrukturierungsrahmen

    Der neue „insolvenzabwendende“ (Seite 2 Regierungsentwurf) Restrukturierungsrahmen kann von Unternehmen genutzt werden, die nicht zahlungsunfähig, aber drohend zahlungsunfähig sind. Kernelement des StaRUG ist der Restrukturierungsplan in §§ 4 ff. StaRUG, der in seinen Einzelheiten deutliche Parallelen zu einem Insolvenzplan aufweist. Mit dem Restrukturierungsplan kann die Schuldnerin ihre Rechtsverhältnisse gestalten und ihren Gläubigern ein Angebot zur Regulierung von Verbindlichkeiten unterbreiten. Ausgenommen sind u.a. Forderungen von Arbeitnehmerinnen betreffend das Arbeitsverhältnis. Die Ausarbeitung und Abstimmung über den Restrukturierungsplan erfordern grundsätzlich keine Beteiligung des Restrukturierungsgerichts.

    Mit diesem Rechtsrahmen soll eine Lücke geschlossen werden, die das geltende Sanierungsrecht zwischen dem Bereich der freien, dafür aber auf den Konsens aller Beteiligten angewiesenen Sanierung einerseits und der insolvenzverfahrensförmigen Sanierung mit ihren Kosten und Nachteilen gegenüber der freien Sanierung gelassen habe.

    Das StaRUG sieht in § 31 StaRUG „Verfahrenshilfen“ bzw. Instrumente vor, die durch die Schuldnerin zur Umsetzung eines Restrukturierungsvorhabens außer-halb eines formalen Insolvenzverfahrens allerdings nur unter Einbindung des Restrukturierungsgerichts in Anspruch genommen werden können. Darüber hinaus enthält das StaRUG einige Haftungsvorschriften, die die Geschäftsleiter treffen. Auch außerhalb der durch das StaRUG gewährten Instrumentarien greifen neue Überwachungs- und Prüfpflichten, beispielsweise gemäß § 3 Abs. 1 StaRUG i.V.m. § 2 Abs. 1 StaRUG, die gesetzessystematisch „vor die Klammer“ gezogen wurden und neben die Klassiker wie §§ 43, 64 GmbHG treten. Das StaRUG ist daher nicht nur, wie bisweilen eingewendet wurde, „schuldnerlastig“ und privilegierend, sondern nimmt die Geschäftsleiter und auch die Gesellschafter, etwa im Falle der Führungslosigkeit (vgl. § 3 Abs. 3 StaRUG i.V.m. § 2 Abs. 3 StaRUG) in die Pflicht. Im Regierungsentwurf des SanInsFoG heißt es hierzu auf Seite 2: „Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Unternehmensträger sollen verpflichtet werden, im Rahmen der Ausübung des unternehmerischen Ermessens die Interessen der Gläubiger zu wahren, wenn der Unternehmensträger drohend zahlungsunfähig ist. Je näher der drohende Zahlungsausfall heranrückt, desto stärker soll das unternehmerische Ermessen durch die Erforderlichkeit der Abwehr der Gefahren für die Gläubiger eingeschränkt werden.“

    Es besteht die Möglichkeit, einen Restrukturierungsbeauftragten einzusetzen. Von Amts wegen soll das Restrukturierungsgericht diesen jedoch nur in den gesetzlich vorgesehenen Einzelfällen des § 80 StaRUG bestellen. Dies sind Fälle, bei denen Beteiligte in die Restrukturierung einbezogen werden, die möglicherweise nicht in der Lage sind, ihre Interessen angemessen durchzusetzen und daher ei-ne besondere Schutzwürdigkeit besteht. Darüber hinaus kann das Gericht einen Restrukturierungsbeauftragten auch als Sachverständigen bestellen. Das Gesetz bietet außerdem die Möglichkeit einer Sanierungsmoderation (§§ 100 ff. StaRUG) im Vorfeld des Stabilisierungs- und Restrukturierungsrahmens. Die Bestellung eines Sanierungsmoderators erfolgt auf Antrag der Schuldnerin durch das Gericht. Der Sanierungsmoderator soll bei der Ausarbeitung einer konsensualen Sanierungslösung unterstützen.

    III. Zahlreiche weitere Änderungen über den Restrukturierungsrahmen hinaus

    Das SanInsFoG enthält über das StaRUG hinaus weitreichende Reformen der InsO und vieler weiterer Gesetze. Die Anpassungen gehen über die europarechtlichen Vorgaben hinaus und sind der drohenden Wirtschaftskrise sowie langjähriger Fachdiskussionen geschuldet. Die Überschuldung und die drohende Zahlungsunfähigkeit werden stärker voneinander abgegrenzt. Zwar wird auch weiterhin eine drohende Zahlungsunfähigkeit im Rahmen der für die Überschuldungsprüfung vorzunehmenden Fortführungsprognose zu berücksichtigen sein. Jedoch soll das Konkurrenzproblem dadurch entschärft werden, dass der Überschuldungsprüfung ein Prognosezeitraum von einem Jahr zugrunde zu legen ist, wohingegen die Prüfung der drohenden Zahlungsunfähigkeit regelmäßig im Rahmen eines zweijährigen Prognosezeitraums erfolgen soll. Hierdurch wird gewährleistet, dass im zweiten Jahr des Prognosezeitraums eine Konkurrenz von drohender Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung ausgeschlossen ist. Zudem soll der maximale Zeitraum für die Antragspflicht bei Überschuldung auf sechs Wochen erhöht werden, um dem Schuldner die Möglichkeit zu geben, Sanierungen im präventiven Restrukturierungsrahmen oder auf der Grundlage eines Eigenverwaltungsverfahrens ordentlich und gewissenhaft vorzubereiten. Der Einsatz elektronischer Kommunikationsmittel soll erleichtert werden. Insbesondere soll es möglich sein, in Gläubigerversammlungen Abstimmungen über Insolvenz- oder Restrukturierungspläne unter Einsatz von Fernkommunikationsmitteln durchzuführen.

    Auch die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Eigenverwaltung sollen stärker an die Zwecke der Eigenverwaltung und die Interessen der Gläubigerschaft rückgebunden werden. Unter den Bedingungen der „nach wie vor nicht bewältigten Wirtschaftskrise“ (Seite 2 Regierungsentwurf) sollen die mit dem SanInsFoG strenger gefassten Zugangsregelungen zu Insolvenzverfahren in Eigenverwaltung vorübergehend und beschränkt auf Unternehmen, deren finanzielle Krise auf die COVID-19-Pandemie zurückzuführen ist, gelockert werden. Insoweit soll auch der Prognosezeitraum für die Fortführungsprognose im Überschuldungstatbestand vorübergehend verkürzt werden, um der aktuell erhöhten Unsicherheit über die weitere wirtschaftliche Entwicklung Rechnung zu tragen. Zum Ausgleich des Anstiegs des allgemeinen Preis- und Einkommensniveaus soll die Vergütung der Insolvenzverwalter sowie der Sachwalter angepasst werden. Zudem soll die Vergütung der Mitglieder des vorläufigen Gläubigerausschusses sachangemessen erhöht werden.

    IV. Ausblick

    Das neue Sanierungsverfahren wird einen weiteren Baustein des Sanierungsbaukastens bilden. Der wesentliche Vorteil liegt darin, dass Gläubiger in das Sanierungsverfahren gezwungen werden können, die sich bisher gesträubt haben. Tiefgreifende Sanierungen, die wesentliche Eingriffe in den Personalbereich erfordern und sich daher ohne die Nutzung der Sanierungsinstrumente der Insolvenzordnung (Insolvenzgeld, vereinfachter Personalabbau) nicht umsetzen lassen, werden auch zukünftig einem Insolvenzverfahren (Regel- oder Eigenverwaltungsverfahren) den Vorzug geben müssen. Der Zugang zum Restrukturierungsverfahren wird bei Inkrafttreten des Überschuldungstatbestandes zum 1. Januar 2021 erheblich begrenzt.

     

    Dr. Konrad Erzberger
    Rechtsanwalt

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